Der Kösteronkel

 

Eigentlich stammt der Name von Kösters ab, die nebenan wohnen und deren Hausname Münstermann ist, wie der von Kösteronkels. Münstermänner gibt es in Helmern noch weitere. Neben Kösteronkels und Kösters sind noch Plasjans, Schulzen und Holdröfts zu nennen, wie und ob deren verwandtschaftlichen Bande zusammenhängen, soll hier aber nicht geklärt werden. Doch das der Kösteronkel aus Kösters Hause stammt, ist hinlänglich bekannt. Beginnen wir bei der Generation des Meinolf Münstermann, dem Kösteronkel, sein Bruder Georg Münstermann der Köster bekommt den Hof, er ist der Ältere, Meinolf ist der Jüngste, außerdem sind da noch weitere Geschwister, wie z. B. die Schwestern, die nach Kouers (Haus Nr. 34) und Danierkens (Haus Nr. 37) heiraten. Als sich dort der Nachwuchs einstellt, wird Meinolf Münstermann nicht nur Onkel, er wird zum Kösteronkel. 

Mit dem Bulldog wird die Dreschmaschine im Felde positioniert. Das Foto ist im Besitz der Familie Münsterman
Mit dem Bulldog wird die Dreschmaschine im Felde positioniert. Das Foto ist im Besitz der Familie Münsterman

In den 1930-er Jahren macht sich Meinolf als Lohnunternehmer selbständig (vermutlich 1932). Er kauft eine Dreschmaschine und zieht damit von einem Hof zum nächsten. Dreschkästen, wie sie üblicherweise auch genannt werden, das sind filigrane Maschinen eher in kunstvoller Schreinerarbeit entstanden als mit maschinenbaulichen Geräten in Verbindung zu bringen. Und doch ist da eine gehörige Portion Ingenieurskunst notwendig, um die präzisen Gebilde herzustellen, was durch das Zusammenspiel der beiden Werkstoffe Holz und Metall noch zusätzliches Können erfordert. Es sind ja nicht die einzelner Komponenten der Dreschmaschine, es ist das Zusammenspiel aller, sodass aus den Ährengarben einerseits das Getreide sauber und vollständig herausgesiebt wird, die Spreu an einer Stelle entnommen werden kann und andererseits das gedroschene Stroh in Bunden mit jeweils zwei Sisalbändern zusammengehalten wird, sodaß es leicht zu handhaben ist.

 Beim Aufstellen der Dreschmaschine bei Wendgeims. Das Foto ist im Besitz der Familie Münstermann
Beim Aufstellen der Dreschmaschine bei Wendgeims. Das Foto ist im Besitz der Familie Münstermann

 

Als an den Wintertagen die Dreschmaschine noch brummt, es ist noch gar nicht so lan- ge her [...]1, schreibt Josef Niggemeyer als Chronist in einem Aufsatz über das Dreschen. Bis weit in die 1960er Jahre ist das Brummen im Dorf zu hören und wie sich das Geräusch verändert vom harmonischen Brummen bis zum dumpfen Brummen, je nachdem wie viele Garben grad in den Schacht oben auf der Maschinenplattform eingeworfen werden. Dreschzeit, die ist vorwiegend im Herbst und im Winter, sie muß sorgfältig vorbereitet werden, der Termin festgelegt und Helfer bestellt werden. Zumeist helfen sich die Landwirte gegenseitig, je nach Beschaffenheit der Örtlichkeiten werden schon einige kräftige Männer benötigt, denn Dreschen, das ist schwere Arbeit, egal ob die Garben zugeführt oder das Stroh abtransportiert wird, oder die Getreidesäcke bewegt werden müssen. Manchmal werden die Säcke und das Stroh erst einmal auf Wagen geladen, um sie später einzulagern, da kann es schnell mal einen Engpass geben, wenn nicht das passende Transportmittel zur Hand ist. Beim Dreschen werden oft auch die innerbetrieblichen Fördermöglich- keiten wie Aufzüge eingesetzt, so gibt es im Vorfeld vieles zu bedenken. 

 Meinolf Münstermann als Soldat der Wehrmacht
Meinolf Münstermann als Soldat der Wehrmacht

 

Damit es am Dreschtag am Morgen zügig losgehen kann, wird die Maschine in der Regel schon am Vortage aufgebaut, sie kommt direkt vom letzten Einsatzort. Ganz früher wird sie von Pferdegespannen gezogen, später ist es die Dampfmaschine aber ab der 1930er Jahre hält in Helmern der Bulldog Einzug, auch der Kösteronkel hat so eine
Höllenmaschine, der kann den Dreschkasten oft aber nicht in die engen Denen schieben, weshalb hier der schon an anderer Stelle erwähnte
Walldeuwel oder Walldouwel, wie er im Helmerner Plattdeutsch heißt, zum Einsatz kommt. Der Walldeuwel ist eine Winde mit einer langen Kette, womit die Maschine auf die Deele gezogen wird. Hat sie dann ihren richtigen Platz erreicht, werden die Räder festgestellt oder fest angekeilt. Alsdann erfolgt das Aufbocken und Ausrichten, die Dreschmaschine muss um einwandfrei zu funktionieren in der Waage stehen, dann kriecht der Maschinist mit der Fettpresse an die Lagerungen, damit der Leichtlauf gewährleistet ist und sich kein Lager festfrisst. Früher da fällt das Stroh ungebunden auf den Boden, der Strohbinder kommt erst in den 1930er Jahren in Gebrauch. Manchmal wird das Stroh auch gehäckselt, dazu kommt ein Zusatzgerät zum Einsatz, der sogenannte Fauerschneer, wie die Helmerner sagen. Schließlich wird noch eine Rohrleitung von der Dreschmaschine zur Kaffbühne verlegt, um die Spreu dahin zu blasen. 

Ehe es am Morgen richtig losgeht, wird noch der Flachriemen auf die Riemenscheiben gelegt und gespannt. Innerorts kommt der Antrieb von einem Motorwagen mit einem Elektromotor, der oft noch direkt am Mast der Stromleitungen angeschlossen wird. Später haben die Landwirte den Starkstromanschluß natürlich im Hause. Ander ist das beim Dreschen auf dem Felde, da kommt der Antrieb von Trecker, beim Bulldog ist da keine besondere Vorrichtung vonnöten, da wird das Schwungrad zur Riemenscheibe.

So ein Dreschtag kann schon mal den ganzen Tag in Anspruch nehmen, da ist es wichtig die Männer mit guter Kost und einem Körnchen zwischendurch bei guter Laune zu halten.

 

Als Meinolf Münstermann seinen Dreschkasten anschafft, ist er der Zweite im Dorf, er wird sich wohl gut überlegt haben, dass es auch für zwei Maschinen in Helmern genügend zu dreschen gibt. Eine Überlegung kann er da aber noch nicht mit einbeziehen, denn dass es Krieg gibt, das kann er nicht wissen, und erst recht nicht, dass er zu den Fahnen gerufen wird. Als es soweit ist, ist guter Rat teuer, wer könnte seine Arbeit mit der Dreschmaschine fortführen? Hilfe kommt von Hermann Grewe (Beuken, Nr. 80), er springt ein und führt die Arbeit fort, bis Meinolf wieder zurück ist. Mitte der 1960er Jahre schafft er nochmal eine neue Dreschmaschine an, es ist die Zeit als alle Welt schon von Mähdreschern spricht, aber Meinolf will es partout nicht wahr haben, dass das wohl die Zukunft ist, obwohl sein Sohn Engelbert, der inzwischen im Betrieb Mitverantwortung trägt ihn davon abrät. Doch Meinolf denkt da anders, für ihn ist die gute alte Dreschmaschine noch lange nicht tot, er wird schon bald eines Besseren belehrt. 1967 steht beim Kösteronkel der erste Mähdrescher auf dem Hof, auch der Dreschkasten steht dort, irgendwann wird damit ein schönes Feuerchen gemacht.

Moderner Lexion 540 Claas-Mähdrescher von Andreas Münstermann (Kösteronkel Nr. 8) beim Leeren des Getreidebunkers am Kittelbusch im Sommer 2013
Moderner Lexion 540 Claas-Mähdrescher von Andreas Münstermann (Kösteronkel Nr. 8) beim Leeren des Getreidebunkers am Kittelbusch im Sommer 2013

Heute ist der Betrieb in den Händen von Andreas Münstermann, der Sohn von Engelbert und Hildegard, während des Jahres geht er seinem anspruchsvollen Beruf als Diplom-Ingenieur nach, doch wenn die Erntezeit kommt, dann nimmt er seinen Urlaub und fährt Mähdrescher, sofern ihm die Zeit dazu bleibt. Denn ihm obliegt die gesamte Organisation rund um die Mähdrescher, von denen er insge- samt 6 hat, für jeden sind 2 Fahrer vorgesehen, die ihren Urlaub dafür einplanen und ihn so legen, dass über die gesamte Saison, die irgendwo am Hellweg beginnt und später in der Helmerner Flur endet, immer einer zur Verfügung steht. Nur bei exakter Planung lassen sich Fahrer und Maschinen optimal einsetzen, dabei ist die gesamte Unternehmung natürlich vom Wettergott abhängig, in dem Punkt, aber auch nur in dem, ist das Mähen und Ernten mit der guten alten Zeit vergleichbar. Der Gute Geist im Hause Münstermann aber ist Hildgard, sie sorgt für das leibliche Wohl der Fahrer, damit alle immer gut versorgt sind und so manchen langen Mähtag bei voller Konzentration bestreiten können.